Aus dem echten Leben

Paula, 25 Jahre: Ich traue mich nicht, meinen Anspruch auf Home-Office auch zu nutzen 

In dieser Rubrik schreibe ich über Fälle, die an echte Arbeitssituationen angelehnt sind. Vielleicht erkennt sich der ein oder andere wieder und profitiert von den hier skizzierten Lösungen. 

Wir dürfen zwar im Homeoffice arbeiten, aber eigentlich traut sich keiner, diese Option auch zu nutzen.”

Paula ist 25 Jahre alt und arbeitet als Sachbearbeiterin in der Verwaltung. Als junge Mitarbeiterin wurde ihr im Vorstellungsgespräch die Arbeit im Homeoffice an zwei bis drei Tagen in der Woche als Standard verkauft. Nach einer Zeit der Einarbeitung möchte Paula von dieser Regelung Gebrauch machen, stellt aber bald fest, dass niemand im Team diese Möglichkeit nutzt. Auf Nachfrage bei Ihrer Teamleiterin bekommt sie die Antwort „Wenn du meinst, dass du das als einzige in unserem Team umsetzen willst, dann tu was du nicht lassen kannst.“ Paula ist verunsichert und nutzt das Homeoffice zunächst nicht. Paula spürt die unausgesprochene Botschaft: Homeoffice mag offiziell erlaubt sein, aber in der Realität scheint es nicht gewünscht zu werden.

Nach diesem Gespräch fühlt sich Paula unsicher. Sie möchte nicht die einzige im Team sein, die von zu Hause aus arbeitet – schon gar nicht, wenn sie dafür unterschwellig kritisiert wird. Die Atmosphäre im Büro lässt es fast so wirken, als sei das Homeoffice ein Zeichen von fehlendem Engagement oder gar Bequemlichkeit.

Doch Paula möchte die Frage nicht einfach so stehen lassen. Sie spricht mit einer anderen Teamleiterin aus einer benachbarten Abteilung, um zu verstehen, ob es eine ähnliche Erwartungshaltung gibt. Diese reagiert verständnisvoll, aber auch sie hat keine Lösung: „Offiziell darfst du das Homeoffice natürlich nutzen, aber viele trauen sich einfach nicht, weil sie Angst haben, schief angeschaut zu werden. Bei uns ist das leider auch so.“

Trotz dieser beiden Gespräche bleibt Paula keine konkrete Lösung. Sie weiß nun, dass der Anspruch auf Homeoffice zwar existiert, aber in der Praxis nicht gelebt wird. Die informellen Erwartungen in der Teamkultur und das Verhalten der Kolleginnen und Kollegen üben einen unsichtbaren Druck aus, der es fast unmöglich macht, von der Regelung Gebrauch zu machen.

Paulas Situation ist ein klassisches Beispiel für den Konflikt zwischen offiziellen Regelungen und der gelebten Unternehmenskultur. Obwohl viele Unternehmen inzwischen Homeoffice als Standard anbieten, gibt es oft ungeschriebene Regeln, die den Mitarbeitenden signalisieren, dass es nicht erwünscht ist. Bislang konnte Paula das Problem für sich noch nicht lösen, bleibt aber weiterhin im Gespräch. 

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